Stadtlohn. Die Temperaturen stimmen, das Licht auch. Bloß sonst ist eben nichts wie sonst um diese Jahreszeit. Sonst nämlich würden die Bewohner des Senioren- und Pflegezentrums St. Josef in Stadtlohn einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt machen – begleitet von einigen Ehrenamtlichen und dem Begleitenden Dienst, mit Glühweinduft in der Nase, dem Widerschein der weihnachtlichen Beleuchtung in den Augen und mit Appetit auf Waffeln, Plätzchen und gebrannte Mandeln. Aber der Weihnachtsmarkt findet wegen der Corona-Epidemie nicht statt, ergo der Besuch auch nicht. Doch die SPZ-Bewohner sollten nicht auch noch darauf verzichten in diesem so schweren Jahr. „Wir haben uns gedacht, wir holen den Weihnachtsmarkt einfach zu uns“, lacht Barbara Heidbrink vom Begleitenden Dienst.
Sie beugt sich über den Tresen einer „echten“ Weihnachtsmarkt-Hütte und bietet eine frisch gebackene Waffel an. Seit einer guten Stunde tut sie das, und der Waffelteig geht schon zur Neige. Der Duft wabert verführerisch über den kleinen Platz, in dessen Zentrum in einer Feuerschale ein paar Scheite brennen, im Hintergrund spielt leise Weihnachtsmusik, die Lichter ringsumher funkeln. Eben hat die kleine Gruppe Menschen, die sich hier versammelt haben, „Stille Nacht“ gesungen.
Alles ist fast wie beim „echten Weihnachtsmarkt“: Die Hütte steht im Innenhof des SPZ, neben zwei weiteren, die dem Seniorenzentrum von einer Eventagentur in Stadtlohn zur Verfügung gestellt wurden. Alles findet unter Einhaltung der Hygieneregeln statt, versteht sich; das Personal trägt FFP2-Masken. Neben Waffeln gibt es Glühwein und Punsch und natürlich auch etwas zu kaufen: Vom Christbaumschmuck über Puppenkleider bis hin zu selbst gefertigten Deko-Engeln und Strickwaren reicht das Sortiment, das jedem Weihnachtsmarkt der Welt zur Ehre gereichen würde. „Der Erlös wandert in unsere Spendenkasse“, erklärt Schwester Edith-Maria, die hier die Ware feilbietet und zu jedem Stück eine kleine Geschichte erzählen kann. Aus dem Spendentopf soll die Anschaffung eines so genannten „Beleef-TV“ finanziert werden, mit dem die Bewohner interaktiv Beschäftigungsangebote nutzen können.
„Eigentlich wollten wir den Markt auch für unsere Ehrenamtlichen und die Angehörigen öffnen“, erzählt Ludwig Wübbelt. Doch aufgrund der aktuell angespannten Infektionslage habe man sich dagegen entschieden, so der Einrichtungsleiter. „Jetzt machen wir das Ganze an vier Tagen hintereinander, so dass jeder Wohnbereich den Markt einmal für sich nutzen kann.“
Was zunächst dem Infektionsschutz dienen sollte, erweist sich nun als besonderes Plus: „Das Tolle ist, dass so eine totale Vertrautheit entsteht“, findet Pflegedienstleitung Manfred Roling. Die Gruppen und Teams, die sonst das ganze Jahr miteinander verbringen, könnten sich so einmal in einer anderen Atmosphäre begegnen. Roling: „Es hat so seinen ganz eigenen Charme.“
Das finden auch die Bewohner. „Das ist doch wirklich mal schön“, sagt eine Dame, die sich keck eine Nikolausmütze gezogen hat. Sie sitzt eingekuschelt in eine Wolldecke auf einer Bank bei der Feuerstelle und nascht ein letztes Stück Waffel. Die Dame neben ihr rückt näher. „Dann ist es wärmer“, lacht sie.
Nach zwei Stunden ist die letzte Waffel gegessen. Inzwischen ist es dunkel geworden – und kalt. Einer nach dem anderen bewegen sich die Menschen mit ihren Rollstühlen und Gehhilfen in Richtung Haus. Und wer immer an einem Mitarbeiter des SPZ vorbeikommt, drückt einen Arm oder berührt eine Schulter. „Ihr habt euch so viel Arbeit für uns gemacht“, sagt ein Herr. „Vielen, vielen Dank!“